Das Werkzeug und die Intention
Es scheint einen ewigen Diskursverlauf bei der Einführung von neuen (und nicht so neuen) Technologien, Arbeitsverfahren oder auch Denkrahmen zu geben: Die einen Jauchzen und singen Hosianna, während die anderen vor den Gefahren der falschen Anwendung eines neuen “Dings” warnen. Unbenommen vom echten und vermeintlichen Expertentum kreist die Debatte immer wieder darum, was man mit dem neuen “Dings” alles Mögliche tun kann (ohne die basalen Grundlagen des Dings verstanden zu haben). Man redet drüber was alles gutes oder schlimmes geschehen kann, bar jeder Kenntnis wie das “Dings” eigentlich funktioniert.
Die gerade vorherrschende Diskussion um die Frage der Nützlichkeit von Agile für das Individuum, die Organisation und die Gesellschaft ist in meiner Wahrnehmung die aktuellste Sau, die neben der Digitalisierung durchs Dorf getrieben wird.
Flashback – die frühen 90er
Schon zu meinen Zeiten der DFÜ im Jahre 1992 gab es die üblichen Vorbehalte: Kommunikation via Computer ist nur was für wenige. Als das Internet aufkam und ich die ersten Website-Projekte “verkaufte” stieß ich dito auf die gleichen Vorbehalte: Das Internet sei ja nur ein Trend, der wieder vorbeigeht…
Immer wieder begegnete mir der Vorbehalt, dass das Internet ja ein schmutziges Medium sei, in dem sich nur Nazis tummeln oder Pornos angeschaut werden – eine seriöse Firma wolle damit nichts zu tun haben. In diesen Diskussionen zog ich gerne den Vergleich mit dem Messer: Man kann es dazu benutzen um ein Brot zu schmieren, oder jemanden in den Rücken zu stecken. Das Messer blieb dabei immer nur ein Messer- Der Unterschied zwischen “gut” und böse”, so versuchte ich zu argumentieren, besteht in der Intention des Nutzers. Es kommt auf den Zweck an, den der Nutzer eines Werkzeugs durch den Gebrauch desselben definiert (POSIWID!). Im Kontext des Messers: Ist es eine Mordwaffe oder Essbesteck?
Zurück zur “Agile Diskussion”
Ebenso erscheint mir die Debatte rund um Agile ermüdend, da es wieder um das eingangs erwähnte Schema geht: Die einen meinen nun den heiligen Gral der Zusammenarbeit gefunden zu haben, während die anderen nur eine perfide Form der Selbstausbeutung heraufbeschwören. Das jetzt die Frage nach dem agilen Mindset folgen muss ist ja klar: Denn ein Denkrahmen funktioniert nur so gut wie die dazugehörende Haltung – es ist ein uralter Hut, den wahrscheinlich schon die Vorsokratiker kannten. Als alter Techie denke ich mir dann: Garbage in, Garbage out. Wenn ich Mist reinstecke, dann werde ich auch nur Mist rauskriegen. Also klärt eure Intention bei jedem neuen “Dings” und probiert aus, ob es dabei hilft Mehrwert zu generieren. Wenn’s nicht funktioniert, dann kann es ebenso gute wie schlechte Gründe geben, warum es nicht gewirkt hat. Eine Reflexion über den persönlichen “Hype Cycle bezüglich Dings” kann dabei nie schaden.
Titelfoto von Marco Verch
One response to “Agile, Digital und andere Techniken”
Hey Mark
DANKE.
Es trifft es natürlich auf den Punkt. Schade finde ich lediglich, wenn halbherzige ‘Versuche’ gestartet werden, man es nicht wirklich ernst meint und dann feststellt – Dings hat bei uns gar nicht funktioniert. Wusste ich doch das, das nichts bringt!
Ohne Mindset und Anleitung geht Change nicht ‘mal eben’. Ich kann auch nicht erwarten, nur weil ich Noten lesen kann, direkt am Klavier Bach oder Beethoven spielen zu können. Es braucht dann doch mehr, als ein theoretisches Verständnis.
Ein bißchen Übung und ein Lehrer an der Hand hilf ungemein.
LG